Wir lehnen das sogenannte «Entlastungspaket» – mit Ausnahme einiger weniger Punkte – entschieden ab. Im Gegenzug schlagen wir zusätzliche Einnahmen für den Bund vor, welche dem Klimaschutz und der Verkehrswende dienen.
Der private Autoverkehr ist in der Schweiz für rund 20 Milliarden Franken an externen Kosten verantwortlich – pro Jahr! Der Verkehr ist für die Hälfte des schädlichen Klimaeffekts verantwortlich, wobei 27% durch den Flugverkehr verursacht werden und 23% durch den übrigen Verkehr. Mit dem Nein zum Autobahnausbau hat sich die Bevölkerung klar und deutlich für ein Verkehrssystem ausgesprochen, das mit den Herausforderungen der Klimakrise vereinbar ist. Der öffentliche Verkehr und generell die nachhaltige Mobilität müssen priorisiert und gestärkt werden.
Die Finanzpolitik muss das von der Bevölkerung im Juni 2023 beschlossene Klimaziel Netto-Null 2050 unterstützen. Das vom Bundesrat in die Vernehmlassung gegebene «Entlastungspaket» bewirkt jedoch das genaue Gegenteil. Durch die überproportionalen Kürzungen in den Bereichen Klima, Umwelt und Biodiversität wird die Umsetzung der beschlossenen Klimapolitik verunmöglicht. Wir lehnen diese verantwortungslose und demokratisch fragwürdige Kürzungspolitik entschieden ab.
Der Bund machte 2024 1,3 Milliarden Franken Überschuss. Wir stellen die Notwendigkeit eines Kürzungspakets daher grundsätzlich infrage. Sofern trotzdem Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushalts umgesetzt werden sollen, müssen diese die klima- und verkehrspolitischen Ziele unterstützen. Wir wehren uns deshalb insbesondere gegen Kürzungen im Bereich des öffentlichen Verkehrs und fordern stattdessen Mehreinnahmen durch eine stärkere Besteuerung des Flug- und Strassenverkehrs. Des Weiteren schliessen wir uns den Stellungnahmen der Klima-Allianz und der Umweltallianz an. Sollte der Bundesrat an der Sparpolitik zulasten von Bevölkerung und Klima festhalten, ist ein Referendum so gut wie sicher.
Keine Kürzungen auf Kosten des öffentlichen Verkehrs
Die Streichung der Förderung des grenzüberschreitenden Personenschienenverkehrs ist nicht akzeptabel. Das ständige Hin-und-Her und die Blockadehaltung durch den Bundesrat müssen enden. Ohne staatliche Unterstützung werden die schon lange erwarteten Direktlinien und Nachtzuglinien zu wichtigen europäischen Destinationen nicht umgesetzt werden können. Es ist jetzt entscheidend, Planungssicherheit herzustellen, indem die Betriebsbeiträge gesprochen und verstetigt werden, damit die SBB das Investitionsrisiko in neue Nachtzüge eingehen und Nachtzuglinien insbesondere in den Süden Europas aufgleisen können. Diese sind notwendig, um die Verlagerung vom Flug- auf den Zugverkehr zu erreichen. 82% der Flugpassagier*innen aus der Schweiz haben ein Ziel in Europa. Das Umsteigepotenzial ist daher enorm.
Wir lehnen die geplante Erhöhung des Kostendeckungsgrads im regionalen Personenverkehr ebenfalls entschieden ab. Denn dies bedeutet, dass regionale Busse und Züge, die nicht genügend rentabel sind, eingestellt oder stärker von den Regionen finanziert werden müssten. Die Konsequenz: Weitere Randregionen würden vom öffentlichen Verkehr abgeschnitten.
Der öffentliche Verkehr wurde seit 1990 viermal stärker verteuert als der Autoverkehr. Während der Autoverkehr teuerungsbereinigt sogar günstiger wurde, wurden die Ticketpreise für den ÖV verdoppelt. Eine Erhöhung des Kostendeckungsgrads im regionalen ÖV würde die Kosten weiter in die Höhe treiben und gleichzeitig würde die Einstellung weiterer Linien drohen. Der öffentliche Verkehr muss aus- und sicher nicht abgebaut werden. Es ist nicht nachvollziehbar, wie der Bundesrat auf die Idee kommt, eine solche Massnahme zulasten der Bevölkerung und des öffentlichen Verkehrs sei mehrheitsfähig.
Die geplante Kürzung der Einlagen in den Bahninfrastrukturfonds ist eine Gefahr für den sicheren, pünktlichen und verlässlichen Zugverkehr und damit für eine der grössten Erfolgsgeschichten der Schweiz. Die gravierenden Folgen von Sparmassnahmen bei der Infrastruktur können in unserem nördlichen Nachbarland regelmässig erlebt werden. Zudem hat die Bevölkerung am 24. November 2024 deutlich gemacht, dass sie mehr Investitionen in den öffentlichen Verkehr will und sicher nicht weniger. Jedoch sind wir einverstanden damit, dass bei Investitionen die Folgen für die zusätzlichen Betriebs- und Unterhaltsaufwände beachtet werden und gezielte Ausbauten für Angebotserweiterungen wie Taktverdichtungen in ländlichen Regionen und Agglomerationen gegenüber teuren und ressourcenintensiven Ausbauprojekte priorisiert werden sollen.
Sinnvolle Elemente des «Entlastungspakets»
Wir unterstützen die Streichung der Subventionen von Regionalflughäfen. Faktisch dienen diese nicht der Verkehrssicherheit, sondern der Subvention von Privat- und Businessjets. Pro Passagier*in verursachen Privat- und Businessjets bis zu 30-mal mehr Emissionen als Economy-Linienflüge. Die Schweiz hat weltweit die dritthöchste Anzahl Privatjets im Verhältnis zur Bevölkerungszahl. Diese Luxusfliegerei auf Kosten der Bevölkerung und des Klimas darf nicht weiter subventioniert werden – im Gegenteil, sie muss im Minimum wirksam besteuert, bestenfalls ganz verboten werden.
Grundsätzlich begrüssen wir die Kürzung der Einlagen in den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF). Dies bringt jedoch nichts, wenn die Einsparung direkt in die Spezialfinanzierung für den Strassenverkehr (SFSV) umgeleitet wird. Wir unterstützen deshalb die von der Klima-Allianz vorgeschlagene Gesetzes- und Verfassungsänderung, damit die Kürzungen beim NAF dem Bundeshaushalt zugutekommen und beispielsweise für die Deckung der externen Gesundheitskosten des Strassenverkehrs eingesetzt werden können. Das Nein der Stimmbevölkerung zum massiven und 5 Milliarden teuren Autobahnausbau am 24. November 2024 muss eine Reform des NAF zur Folge haben. Anstatt die Autobahnen weiter auszubauen, sollen die Gelder für den Strassenunterhalt und die Finanzierung von nachhaltigen und klimafreundlichen Verkehrsmitteln in den Agglomerationen eingesetzt werden.
Auch der Kürzung bei Schweiz Tourismus stimmen wir zu. Der ohnehin klimapolitisch notwendige Fokus der Tourismuswerbemassnahmen auf Europa und insbesondere Regionen in Zugreisedistanz macht eine Reduktion der Ausgaben möglich.
Weitere Massnahmen zugunsten des Bundeshaushalts und des Klimas
Wir unterstützen Bestrebungen des Bundes, welche sowohl dem Bundeshaushalt als auch dem Klima- und dem Naturschutz dienen. Entgegen den klaren Zielvorgaben in Verfassung und Gesetz fehlen diese im vorgeschlagenen «Entlastungspaket» jedoch weitgehend. Wir erwarten, dass der Bundesrat gezielt biodiversitätsschädigende Subventionen streicht, was allein ein Sparpotenzial von jährlich rund 40 Milliarden Franken ausmacht und damit die erhoffte – und nur teilweise erwartbare – Entlastung im Rahmen der Vernehmlassungsvorlage (2.7 bis 3.6 Mia Franken) um ein Vielfaches übersteigt.
Die klima- und finanzpolitisch nicht nachvollziehbare Befreiung des Flugverkehrs von der Mineralölsteuer muss unbedingt abgeschafft werden. Der Flugverkehr wird mit dieser Steuerbefreiung subventioniert und gegenüber anderen, klimafreundlicheren Verkehrsmitteln bevorteilt. Mit der Abschaffung der Steuerbefreiung erhält der Bund Mehreinnahmen von rund 1 Milliarde Franken, die für die Förderung nachhaltiger Mobilität und die Übernahme der externen Kosten des Flugverkehrs eingesetzt werden können. Zudem bewirkt allein die Gleichstellung mit anderen Verkehrsmitteln eine spürbare Verlagerung weg vom besonders klimaschädlichen Flugverkehr, wodurch rund 1 Million Tonnen Treibhausgasemissionen pro Jahr eingespart werden können. Ergänzend zur Abschaffung der Mineralölsteuer-Befreiung hilft eine Flugticketabgabe, den Wettbewerb zum internationalen Zugverkehr fairer und ein Umsteigen attraktiver zu machen.
Nicht zuletzt muss im Rahmen eines verantwortungsvollen Entlastungspakets die Einführung einer CO₂-Abgabe auf Treibstoffe diskutiert werden. Die Treibhausgasemissionen des Verkehrs haben seit 1990 kaum abgenommen. Zudem sind die Kosten des Autoverkehrs für die Nutzenden teuerungsbereinigt gesunken. Da Menschen mit wenig Geld deutlich weniger oft mit dem Auto unterwegs sind als Vielverdienende, profitierten sie von einer (teilweisen) Rückerstattung an die Bevölkerung deutlich mehr, als sie wegen einer Erhöhung der Benzinpreise bezahlen müssten. Das gilt insbesondere, wenn mit den verbleibenden Einnahmen zudem der Umstieg auf andere Verkehrsmitteln unterstützt und der öffentliche Verkehr vergünstigt wird.
Zudem ist eine Erhöhung der bestehenden CO₂-Abgabe zu prüfen, um die effektiv verursachten Kosten zu internalisieren und gleichzeitig die Mittel für die Aufrechterhaltung des Gebäudeprogrammes und des Heizungsersatzprogrammes zu erhalten.