Die SBB beerdigen ihre Pläne für Nachtzüge nach Rom und Barcelona, da der Bund nur einen Bruchteil der versprochenen finanziellen Unterstützung zugesichert hat. Stattdessen setzen die Bahnen auf Hochgeschwindigkeitszüge. Eine Entscheidung, die Fragen aufwirft.
In Zürich, Bern oder Genf in den Nachtzug steigen und am nächsten Morgen (hoffentlich) ausgeruht in Barcelona aussteigen: Diese Möglichkeit fordert umverkehR, seit die Nachtzuglinien vor mehr als zehn Jahren nach und nach eingestellt wurden. Bis dahin hatte das Nachtzugnetz über Jahrzehnte hinweg zuverlässig funktioniert. Bis die Konkurrenz aus der Luft kam: Billigfluglinien locken dank Subventionen mit verführerischen Preisen.
Ausgebremstes Nachtzug-Revival
Dann kam die Trendwende: Die ÖBB hat mit dem Nightjet die Nachtzüge aus dem Dornröschenschlaf geholt, die Kundschaft nutzt das Angebot rege. Andere Länder haben nachgezogen. Die SBB, erst zögerlich und dann immer mutiger, präsentierte Pläne für die Wiedereinführung von direkten Nachtzuglinien nach Rom und Barcelona. Im Frühjahr 2025 kam dann die Ernüchterung: Weil der Bund statt der versprochenen 30 Millionen nur 10 Millionen Franken für die Nachtzüge freigab, beerdigten die SBB ihre Pläne für Nachtzüge nach Rom und Barcelona. Stattdessen setzen sie auf Hochgeschwindigkeitszüge, die aus ihrer Sicht rentabler sind. Auch andere Bahnen wie die Österreichische ÖBB und die Schwedische SJ reduzieren ihr Nachtzugangebot wegen mangelnder Unterstützung aus der Politik.
Tag- und Nachtzüge notwendig
Der Vorteil von Hochgeschwindigkeitszügen ist offensichtlich: Die Reisezeit wind deutlich kürzer, und dank einer durchgehenden Fahrt ohne Umstiege wird das Reisen bequemer und verlässlicher. Nach Einschätzung der SBB sind Zugfahrten mit einer maximalen Dauer von sechs Stunden eine attraktive Alternative zum Flugzeug. Die SBB verkennen bei ihrem Entscheid gegen Nachtzüge aber deren Vorteile: Der Nachtzug ist ein rollendes Hotel, man kommt in den Morgenstunden im Zentrum des Reiseziels an. Zudem können sie Destinationen abdecken, die auch bei Hochgeschwindigkeit mehr als sechs Stunden entfernt sind. Nicht zuletzt ist der Ausbau des Nachtzugnetzes ohne grosse Anpassung an der Infrastruktur möglich, was ihre Umsetzung wiederum günstiger macht.
Subventionen richtig einsetzen
Apropos fehlender Finanzierung: Der Bundesrat hat von den 30 Millionen Franken, die vom Parlament mit dem CO2-Gesetz für die Förderung der Nachtzüge beschlossen wurde, 20 Millionen umgeleitet. Und zwar nicht, wie von Karin Keller-Sutter bei der Beratung des Budgets behauptet, in die allgemeine Bundeskasse, sondern direkt zur Flugindustrie. Bei so einer Politik muss man sich nicht wundern, dass sich die SBB wenig mutig zeigen. Es braucht nun eine Korrektur durchs Parlament. Dieses hat bei der Budgetdebatte im Dezember die Chance, die Klimapolitik wieder auf Spur zu bringen.
Falsche Weichenstellung: Bundesrat fördert Flugverkehr statt Nachtzüge.
