Der Flugverkehr ist mit 27 Prozent für den grössten Anteil des schädlichen Klimaeffekts in der Schweiz verantwortlich. Eine Flugticketabgabe ist entscheidend, um das Passagierwachstum zu begrenzen und Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.
Während andere Sektoren ihre Klimawirkung reduzierten, ist im Flugverkehr keine Verbesserung zu beobachten. Im Gegenteil: Ohne zusätzliche Massnahmen wird bis 2030 ein jährliches Flugwachstum von mehr als zwei Prozent erwartet. Selbst bei optimistischeren Annahmen und effizienterem Treibstoffverbrauch dürfte die Klimawirkung des Schweizer Luftverkehrs bis 2050 um 36 Prozent steigen – anstatt um 100 Prozent abzunehmen. Ohne Begrenzung der Anzahl Flüge ist die Klimaneutralität der Schweiz bis 2050 nicht zu erreichen.
Weniger Flüge statt Greenwashing
Seit 2020 ist die Schweiz an das Emissionshandelssystem der EU angeschlossen. Airlines sind verpflichtet, daran teilzunehmen. Das senkt die Emissionen jedoch kaum, da die meisten Zertifikate kostenlos vergeben werden. Auch die von den Fluggesellschaften grossmundig angekündigten technologischen Lösungen und alternativen Kraftstoffe reichen nicht aus, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Das bestätigt selbst das nicht gerade als technologiefeindlich bekannte Paul-Scherrer-Institut der ETH.
Eine Kerosin- oder eine umfassende CO2- Steuer sowie eine Mehrwertsteuer auf Flugtickets könnten die heutige steuerliche Bevorteilung des Luftverkehrs korrigieren. Mit einer Flugticketabgabe kann die Nachfrage und letztlich das Angebot an Flugreisen verringert werden. Mehrere europäische Länder, darunter alle Nachbarländer der Schweiz – ausser Liechtenstein, das keinen Flughafen besitzt, haben bereits eine Flugticketabgabe eingeführt. Die höchsten Abgaben für innereuropäische Flüge haben Holland mit 29.40 Euro und Grossbritannien mit 28 Pfund.
Die Revision des CO2-Gesetzes von 2020 sah eine Flugticketabgabe von 30 Franken für Kurzstrecken und 120 Franken für Langstrecken vor. Die Einnahmen wären teils in den Klimafonds, teils als Rückerstattung an Bevölkerung und Unternehmen geflossen. Das Gesetz scheiterte am 13. Juni 2021 mit 51,6 Prozent Nein- Stimmen.
Lenkungswirkung der Flugticketabgabe
Wie sich eine Flugticketabgabe auf die Emissionen im Luftverkehr auswirkt, hängt davon ab, wie Reisende Preisänderungen begegnen. Höhere Abgaben verringern die Nachfrage, besonders wenn Alternativen wie Hochgeschwindigkeitszüge, Nachtzüge oder Videokonferenzen verfügbar sind. Besonders bei Flügen auf kurzen Strecken, für die es alternative Transportmittel gibt, sowie in der Economy-Klasse, in der private Reisende meist flexibler sind als geschäftliche, reagieren Passagiere besonders sensibel auf Preiserhöhungen.
Eine Studie der Forschungsstelle E4S ergab, dass eine Flugticketabgabe für Kurzstreckenflüge (30 Fr. Economy, 60. Fr. Premium) und Langstreckenflüge (90 Fr. Economy, 120 Fr. Premium) die Passagiernachfrage um 21 Prozent und die CO₂-Emissionen um 16 Prozent senken könnte. Ähnliche Effekte zeigten sich mit anderen Modellen, etwa einer Abgabe, die bis 2050 jedes Jahr steigt, oder wenn pro Tonne CO2-Äquivalente an flugbedingter Klimawirkung eine Abgabe erhoben wird.
Bei einer repräsentativen Umfrage, die um- verkehR 2022 bei gfs-zürich in Auftrage gegeben hatte, sprachen sich 42 Prozent der Befragten am ehesten für eine Abgabe von 30 Franken für Kurzstrecken- und 120 Franken für Langstreckenflüge aus, während 50 Prozent der Befragten auch eine höhere Abgabe unterstützten.

Der Flugverkehr hat das Vor-Corona-Niveau erreicht und wächst weiter stark. Ohne Flugreduktion ist Klimaneutralität nicht zu erreichen.
Gesuchte Gegenargumente
Eine Flugticketabgabe könnte den Flugverkehr also reduzieren. Oft kommt jedoch das Gegenargument, Reisende würden dann einfach auf Flughäfen im Ausland ausweichen. Allerdings haben alle Flughäfen im grenznahen Ausland im Gegensatz zu den schweizerischen bereits eine Flugticketabgabe. Zudem wäre das Ausweichen auf ausländische Flughäfen mit einem deutlichen Zeitverlust verbunden. Der Flughafen Lyon ist zwei Stunden von Genf und der Flughafen Frankfurt vier Stunden von Zürich entfernt. Die Kosten der Anreise wären zudem höher als eine Flugticketabgabe von 30 Franken für einen Kurzstreckenflug. Ein gross angelegtes Ausweichen auf ausländische Flughäfen ist also unwahrscheinlich. Und selbst wenn: Aufgrund des höheren Kosten- und Zeitaufwands wäre auch dann eine Reduktion der Flugreisen zu erwarten.
Ein weiteres, häufig genanntes Gegenargument ist, dass eine Flugticketabgabe ungerecht sei, weil sie Wenigverdienende relativ zu ihrem Einkommen stärker belaste. Die Grundlagenstudie der Forschungsstelle Sotomo von 2020 zeigt jedoch, dass Personen mit geringem Einkommen seltener fliegen. Mit einer Flugticketabgabe, bei der die Einnahmen pro Kopf zurückerstattet werden, bekämen sie mehr Geld zurück, als sie durch die Flugticketabgabe bezahlen müssten. Werden die Einnahmen der Abgabe vollständig an die Bevölkerung verteilt, würden nur jene 21 Prozent der Bevölkerung mehr bezahlen, die am meisten fliegen. Wird nur die Hälfte verteilt, wären es 40 Prozent. Die Mehrheit der Bevölkerung würde finanziell also sogar profitieren – allen voran Wenigverdienende.
Eine Flugticketabgabe ist somit nicht nur wichtig für den Klimaschutz, sondern sorgt mit der Umverteilung von viel fliegenden Reichen zu wenig fliegenden, ärmeren Personen auch für mehr soziale Gerechtigkeit.