Die Einführung von Tempo 30 ist eigentlich eine Erfolgsgeschichte. Kein Wunder: Dank der Geschwindigkeitsreduktion gibt es weniger Lärm, die Sicherheit für die Quartierbevölkerung steigt, und der Verkehrsfluss verstetigt sich. Ein Selbstläufer – könnte man meinen. Doch der Widerstand dagegen hat sich in den letzten Jahren immer stärker formiert. Angeführt von der SVP, die neben Ausländer*innen und Genderstern nun auch Tempo 30 zum Kulturkampf erklärt, versuchen bürgerliche Parteien auf kantonaler und nationaler Ebene die Umsetzung von Tempo 30 zu erschweren.
Motion Schilliger
So wurde eine Motion des Luzerner FDP-Nationalrats Peter Schilliger überwiesen, die die Einführung von Tempo 30 auf Hauptstrassen einschränken soll – ein Steilpass für Albert Rösti. Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen.
Anti-Tempo-30-Initiative in Zürich
Am weitesten fortgeschritten ist das Geschäft im Kanton Zürich. Die Mobilitäts-Initiative von SVP und FDP wurde von Regierung und Parlament ohne Gegenvorschlag angenommen und kommt voraussichtlich im November an die Urne. Der harmlose Name täuscht – eigentlich ist es eine Anti-Tempo-30-Initiative. Die Städte Zürich und Winterthur sollen durch den Kanton übersteuert werden, auf Hauptstrassen würde die Einführung von Temporeduktionen massiv erschwert.
Herber Rückschlag in Genf
Genf hat bei der Einführung von Tempo 30 einen herben Rückschlag erlitten. Eine Einzelperson hat die Umsetzung auf über 400 Strassenabschnitten vor Gericht bekämpft und gewonnen. Gleichzeitig zielt ein kantonales Gesetz – das noch im Parlament beraten wird – darauf ab, Tempo 30 auf Hauptverkehrsachsen (axes structurants) zu verhindern. Sollte dieses Gesetz verabschiedet werden, werden wir das Referendum ergreifen müssen.
Gemeindeversammlung für Tempo 30 in Baselland?
Im Kanton Baselland hat der TCS eine Initiative eingereicht, die einen Gemeindeversammlungs- oder Einwohnerratsbeschluss fordert, bevor der Gemeinderat ein Gesuch für Tempo 30 auf einer Kantonsstrasse stellen kann – selbst wenn Tempo 30 für den Lärmschutz oder die Sicherheit zwingend ist. Bereits beschlossene Tempo-30-Strecken müssten rückwirkend vom Volk genehmigt werden. Der Regierungsrat empfiehlt eindringlich, die Initiative abzulehnen.
Luzern mit Tempo 50
Im Kanton Luzern fordert die Volksinitiative «Tempo 50 auf Hauptverkehrsachsen innerorts», dass auf Hauptverkehrsstrassen innerorts Tempo 50 beibehalten und begünstigt wird. Dies soll gesetzlich verankert werden. Der Regierungsrat lehnt die Initiative mit Verweis auf das geltende Bundesrecht ab.
Schaffhausen: nicht weniger als 50
In der Stadt Schaffhausen wurde die Initiative «Nein zu Tempo 30 auf Hauptstrassen» eingereicht. Sie verlangt, dass auf Hauptstrassen in der Stadt Schaffhausen ein Tempolimit von nicht weniger als 50 km/h gelten soll. Der Stadtrat empfiehlt dem Parlament die Ablehnung.
Volksabstimmungen zeichnen sich ab
Neben diesen Volksinitiativen sind in den Kantonen Bern und Waadt Motionen überwiesen worden, die ein Moratorium von Tempo 30 auf Hauptstrassen fordern, bis der Bund Klarheit über die Umsetzung der Motion Schilliger geschaffen hat. Auch in St. Gallen fordert eine Motion: kein Tempo 30 auf Hauptstrassen. Es drohen in den nächsten Monaten also viele aufwendige Volksabstimmungen und möglicherweise sogar ein nationales Referendum.
Tempo 30 rettet Leben
Der Widerstand gegen Tempo 30 ist katastrophal und nicht nachvollziehbar, denn im Ausland beschliesst eine Stadt nach der anderen die flächendeckende Einführung von Tempo 30 – die Vorteile dafür liegen einfach auf der Hand. So stellt auch die Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU klar: «Durch die sicherheitsorientierte Einführung von Tempo 30 lassen sich pro Jahr 640 Schwerverletzte und 20 Getötete verhindern. »
