Es ist eine uralte und bestechende Idee: Mit einer Besteuerung des Autoverkehrs sollen die vom Verkehr verursachten Schäden ausgeglichen werden. Aber sie stösst auf heftigen Widerstand. Wie kommen wir aus der Sackgasse?
In der Schweiz verursacht der motorisierte Verkehr 20 Milliarden externe Kosten, insbesondere Gesundheits- und Umweltkosten, die von der gesamten Gesellschaft getragen werden. Besonders belastet sind wenig verdienende Menschen an stark befahrenen Strassen. Je reicher eine Person ist, desto häufiger fährt sie statistisch gesehen Auto. Und sie besitzt auch mehr Autos, die erst noch umweltschädlicher sind. Die aktuelle Situation ist umgekehrte Umverteilung: Die Armen zahlen für die Schäden, die durch Fahrzeuge verursacht werden, die Reiche fahren.
Autofahrende für die von ihnen verursachten Schäden zahlen zu lassen, scheint also sozial und ökologisch ideal. Aber in der Praxis stösst die Idee oft auf heftigen Widerstand.
Soziale und geografische Ungleichheiten
Es gibt geringverdienende Menschen, die aufgrund von Nacht- oder Schichtarbeit oder einem sehr peripheren Wohnort keinen ÖV nutzen können. Oder sie können wegen fehlender sicherer Infrastruktur, zu grosser Distanzen oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mit dem Velo zur Arbeit fahren. Sie können einer höheren Besteuerung des Autofahrens nicht ausweichen, was ihre knappen finanziellen Mittel weiter belastet. Wie viele Personen das genau sind, lässt sich schwer sagen. Klar ist jedoch, dass es ein relativ kleiner Teil der Schweizer Bevölkerung ist. Dies sollte jedoch nicht dazu verleiten, diese Realität zu ignorieren – oder im Gegenteil, sie zu übertreiben.
Instrumentalisierung durch die populistische Rechte
Die Autolobby instrumentalisiert diese soziale und geografische Prekarität jedoch gerne, um Autosteuern als ungerecht zu brandmarken und damit vor allem die Interessen jener zu verteidigen, die ohne Not Auto fahren und ein komfortables Einkommen haben. Während die populistische Rechte eine karikatureske Opposition zwischen «urbanen Luxus-Linken» und bescheidenen «echten Menschen» auf dem Land heraufbeschwört, dürfen unsere Vorschläge diesem Narrativ keinen Halt geben, sonst werden wir scheitern.
Soziale Gerechtigkeit ins Zentrum stellen
Jeder neue Steuerungsvorschlag muss daher tatsächlich bestehenden sozio-geografischen Ungleichheiten Rechnung tragen: Ausnahmen je nach effektiver Autoabhängigkeit und wirtschaftlicher Situation, Unterstützung beim Umstieg auf ein anderes Verkehrsmittel, Besteuerung von Fahrzeugen nach Gewicht, Grösse oder Leistung, um Luxus-SUVs zu bestrafen, erschwinglicher oder kostenloser ÖV usw.
In einer Zeit, in der die Rechte einen antiökologischen Populismus verbreitet, sollten wir den Abbau von Ungleichheiten in den Mittelpunkt stellen, wenn wir uns für die Reduzierung des Autoverkehrs engagieren. Nur so wird die Verkehrswende für jenen Teil der Bevölkerung erstrebenswert sein, der am meisten davon pro- fitiert. Denn jenen, die eine kleine Wohnung haben und es sich nicht leisten können, wochenweise in die Ferien zu fahren, nützt ein autoreduzierter öffentlicher Raum am meisten. Die Strasse ist der Garten für alle, die keinen Garten haben!

Autosteuern haben nur eine Chance, wenn sie sozial gerecht ausgestaltet sind.